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Konferenz zum europäischen Binnenmarkt am 18.11.2022 in der Universität Granada

Professor Eduardo Gálvez Dominguez, Vizepräsident der Rechtsfakultät der Unversität Granada, eröffnete die Konferenz im ”Roten Saal“ der Universidad Granada. Er sei stolz, dass dank der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Repräsentanten aus mehr als vier Ländern zu diesem Anlass nach Granada zusammengekommen seien.

Anne-Charlotte Gros, Direktorin der Kontinentalrechtsstiftung, hinter der das französische Justizministerium und die französische Anwaltskammer stehen, betonte, dass das Fußfassen des Projektes Europäisches Wirtschaftsgesetzbuch in Spanien das Projekt bereichere. Die Kontinentalrechtsstiftung fördere dieses Projekt gemeinsam mit der Mercator- und der Robert Schumann-Stiftung.

Rahel Zibner, Projektmanagerin der Naumann-Stiftung für Spanien, Italien und Portugal, hieß die Teilnehmer im Namen der Stiftung herzlich willkommen. Deutsche politischen Stiftungen, heute fünf an der Zahl, seien aufgrund der historischen Erfahrungen aus der Zeit der nationalsozialistischen Willkür- und Gewaltherrschaft entstanden, um aus der Zivilgesellschaft heraus für demokratische Werte einzutreten. Sie erklärte weiter, die Friedrich-Naumann -Stiftung für die Freiheit trete dementsprechend für ein liberales, humanistisches Menschenbild ein.

Dem Gedanken freier demokratischer Willensbildung und Wissenschaftsfreiheit folgend leitete Professor Jochen Albiez Dohrmann, der das Programm der Konferenz zusammengestellt hatte, zum akademischen und politischen Projekt ”Europäisches Wirtschaftsgesetzbuch“ über. Die Association Henri Capitant werde dem Gesetzgeber ein einheitliches Wirtschaftsgesetzbuch vorstellen, das den marktwirtschaftlichen Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt fördern solle. In einer passionierten Rede erklärte der Professor, warum ihn die Idee der Association Henri Capitant begeistere. Es gäbe Hindernisse für den freien Wettbewerb in Binnenmarkt, die bis heute nicht behoben seien. Bei dieser Konferenz wolle man zum einen über Allgemeine Geschäftsbedingungen (kurz: AGB) in Wissenschaft und Wirtschaft reden und zum anderen über die Bedeutung der Rechtslage für die unternehmerische Freiheit in Europa. Das Thema Wirtschaftsgesetzbuch vereine beide Themen. Er konkretisierte, dass die Konferenz den Teil ”Allgemeine Geschäftsbedingungen“ des Entwurfstextes untersuchen werde. Professor Dohrmann warf sodann die Frage auf, warum und wie man eigentlich einen ganzen Konferenztag dem Thema AGB im B2B widmen könnte. Er gab sich selbst die Antwort: Das Erstellen und die Kontrolle von AGB bestimme den Geschäftsalltag von Unternehmen und Kanzleien im europäischen Binnenmarkt. Diese Beobachtung macht die Wichtigkeit dieses Teiles des Wirtschaftsgesetzbuches für den Alltag von Unternehmen deutlich.

Zunächst sollten nationale Regelungsansätze rechtsvergleichend vorgestellt werden. Nach einem Blick auf die Rechtslage im internationalen Geschäftsverkehr der AGB im B2B-Verhältnis und einem Exkurs in die rechtsanwaltliche Praxis, sollte der Vorschlag für die AGB-Gesetzgebung im Entwurf für ein Europäisches Gesetzbuch vorgestellt werden.

AGB im B2B-Verhältnis in Italien, Deutschland und Spanien

Professor Domenico Pauciulo von der Universität Federico II Neapel stellte die italienische Rechtslage vor. Martin Burkert vom Verein für die Vereinheitlichung des Wirtschafsrechts in Europa führte zur deutschen Rechtslage aus. Er wies dabei auf Unterschiede zum italienischen Recht bereits beim Begriff der AGB und ihrer Einbeziehung hin. Er stellte Vor- und Nachteile der deutschen Regelung dialektisch dar. Ein wesentlicher Unterschied dieser zu der spanischen und italienischen Rechtslage sei die Intensität der Inhaltskontrolle. Bei der Inhaltskontrolle werden die Abweichungen der AGB vom gesetzlichen Leitbild (307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), eine Gefährdung des Vertragszwecks durch die AGB (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) sowie das Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 BGB) überprüft. Gerade Letzteres ermögliche den Gerichten eine umfassende Prüfung von AGB. In Italien unterläge dagegen lediglich die Einbeziehung solcher Klauseln, die als regelmäßig unangemessen benachteiligend qualifiziert werden, besonderen Formerfordernissen. Eine Inhaltskontrolle nach deutschem Verständnis finde dagegen nicht statt. Selbiges gelte für Spanien, wo die AGB lediglich an allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben sowie Sittenwidrigkeit überprüft werden. Vergleichend sei festzustellen, dass das deutsche System mehr Schutz gegen unangemessene AGB biete, was gerade für KMUs von großem Interesse ist. Andererseits führe die umfassende Kontrolle verbunden mit der drohenden Sanktion der Unwirksamkeit zu Unsicherheit bei den verwendenden Unternehmen. Dies sei für den Geschäftsverkehr besonders relevant, weil dieser aufgrund der weiten Definition des AGB-Begriffs durch den BGH regelmäßig mit seinen Vertragsbedingungen unter die Kontrolle falle.

Professor Tatiana Arroyo Vendrell von der Universität Carlos III Madrid stellte dem Publikum die spanische Rechtslage vor. Sie erinnerte zu Beginn ihres Vortrages an andere Formate wie eine bilaterale Konferenz in Deutschland und bemängelte mit Blick auf die Untätigkeit der nationalen Gesetzgeber, dass man damals bereits ähnliche Kritik geäußert hatte. Rechtsvereinheitlichung mit Hilfe eines europäischen Wirtschaftsgesetzbuch würde Abhilfe schaffen. Sie stellte das spanische AGB-Recht vor und überraschte außerdem mit hervorragenden Deutschkenntnissen. In der anschließenden Diskussion kam die Frage der Einbeziehung von AGB in elektronisch geschlossene Verträgen auf. Sixto Sánchez Lorenzo, Professor der Universität Granada, bemerkte, dass es im nordamerikanischen Rechtskreis beim Thema ”Quick Clicking“ eine umfassende Rechtsprechung gäbe. Grob zusammengefasst werde danach unterschieden, ob die AGB des Vertragspartners in einem kleinen Fenster abschließend überblickt werden oder nur mit Hilfe von Scrollen erkannt werden können. In der Praxis mache das psychologisch einen Unterschied, meinte Prof. Sixto Sánchez Lorenzo. Tatiana Arroyo Vendrell bemerkte, dass sich praktisch bei der Beweisbarkeit Probleme stellen würden. Sollte man demzufolge einen Screenshot oder ein Foto schießen? Beim Thema Einbeziehung käme es vielmehr darauf an, ob Verträge ausgedruckt werden könnten.

Martin Burkert stellte für das deutsche Recht klar, dass es für die wirksame Einbeziehung ausreiche, dass ein Unternehmen auf AGB auf seiner Webseite verweise. Eine Übersendung der AGB an den Vertragspartner sei nicht erforderlich.

Professor Domenico Pauciulo stellte fest, dass die Einbeziehung ein Bereich sei, bei dem die EU vereinheitlichen müsse, beispielsweise nicht mittels eines neuen europäischen Wirtschaftsgesetzbuches. Maria Pilar Viscasillas, Professor an der Universität Carlos III Madrid, ergänzte, dass es im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs bereits einige Gesetzesprojekte gäbe, wie zum Beispiel solche, die Plattformen oder künstliche Intelligenz beträfen.

Vorhandene Rechtsquellen im internationalen Rechtsverkehr

Maria Pilar Viscasillas führte mit einem Vortrag zu Rechtsquellen im internationalen Rechtsverkehr fort. Dabei striff sie hard law- und soft law-Rechtsquellen wie die “United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods”, kurz CISG. Bei der Frage der Kollision sich widersprechender AGB erläuterte sie die Hagener Prinzipien. Sie gab einen Überblick über verschiedene Kollisionsregeln, wie die ”first shot rule“, die ”last shot rule“, die ”knock out rule“ und Mischlösungen. Die Madrider Professorin war der Meinung, das CISG könnte als Vergleichsmodell für das Europäische Wirtschaftsgesetzbuch herangezogen werden. Denn alle europäischen Staaten hätten diesen völkerrechtlichen Vertrag unterzeichnet. Die CISG-AC Opinion No. 13 befasse sich mit der ”Inclusion of Standard Terms“ unter dem CISG. Diese sei im Gegensatz zu anderen Opinions nicht zurückgewiesen worden. Demnach gelte für das CISG wohl die ”Knock out-Rule. Der US-amerikanische Normgeber dagegen bevorzuge die“ ”Last Shot Rule“. Letzteres bedeutet, dass die AGB zweier Unternehmer, die miteinander unter Verweis auf ihre jeweiligen AGB kontrahieren, soweit keine Wirkung entfalten, als sie sich jeweils widersprechen. Im deutschen Recht bezeichnet man das als Dissens.

Erfahrungen aus der anwaltlichen Praxis

Professor Albiez Dohrmann reicherte die Konferenz mit Stimmen aus der Wirtschaft an. Deshalb moderierte Professor Francisco Pertiñez Vilchez, Counsel bei Blas González, ein Panel, an dem Daniel Parejo Ballesteros, Partner bei der renommierten spanischen Kanzlei Garrigues, sowie Miguel Ángel Cepero Aránguez teilnahmen, Anwalt bei Uria-Menéndez, der zuvor bei Slaugther May, einer britischen Kooperationskanzlei von Uria-Menéndez in London, gearbeitet hatte.

Garrigues-Anwalt Parejo Ballesteros erklärte, als Anwalt im Wirtschaftsrecht konstruiere und verifiziere er täglich AGB. Man arbeite wie ein Richter: Man überprüfe, ob Klauseln klar und transparent seien. Dabei werde er jeden Tag Zeuge der Diskrepanzen der verschiedenen Rechtsordnungen. Er formuliere deshalb AGB, die für den Geschäftsverkehr in ganz Europa geeignet seien. Man schreibe daher keine ”nice to have“ Klauseln, die zu einhundert Prozent das Interesse des Mandanten umsetzen, sondern man erstelle ”must have“-Klauseln, die die AGB-Regeln aller Mitgliedstaaten erfüllen. Die Beratungsleistung enthalte daher nicht nur eine tiefgreifende Analyse der spanischen Rechtslage, sondern auch die Abstimmung mit Juristen ausländischen Rechts. Klauseln seien multinational. Dies veranschaulichte er an einem Fallbeispiel aus der Praxis:

Ein deutsches Unternehmen beabsichtige, Waren an einen spanischen Großhändler zu verkaufen. Das deutsche Unternehmen frage ihn nun, wie hoch die Verjährungsfrist für Gewährleistungsrechte sein dürfe. Diese möchte es in seine AGB schreiben. Im spanischen Recht betrage die regelmäßige Verjährungsfrist für Gewährleistungsrechte drei Jahre, während sie im deutschen Recht zwei Jahre betrage. Nach Art. 3 der Rom-I-Verordnung sei auf die AGB das Recht des Verkäufers anwendbar. Also wäre in diesem Fall deutsches AGB-Recht anwendbar. Ausnahmsweise komme jedoch die spanische Norm, die eine Verjährungsfrist von drei Jahren vorsähe, zur Anwendung. Denn ihr Gehalt werde als so überragend für die soziale Ordnung am Gerichtsort Spanien angesehen, dass ein spanisches Gericht die Norm als Eingriffsnorm im Sinne des Art. 9 der Rom-I-Verordnung anwende. Das deutsche Unternehmen könne also noch drei Jahre nach der Ablieferung der Kaufsache erfolgreich verklagt werden. Eine binnenmarkttaugliche AGB müsse daher eine Verjährungsfrist von drei Jahren vorsehen.

Eingriffsnormen und ihre Auswirkungen auf die Praxis

Der Autor dieses Textes warf aus dem Publikum ein, dass bei dem Fallbeispiel der Eingriffsnormen bei AGB ein europäisches Wirtschaftsgesetzbuch Abhilfe schaffen könnte.

Eingriffsnormen sind eine enorme Einschränkung für den freien Handel im EU-Binnenmarkt. Im Anschluss an die sog. Arblade -Formel des EuGH ist eine Eingriffsnorm nach Art 9 Abs. 1 Rom I-VO eine ”zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie ungeachtet des nach Maßgabe dieser Verordnung auf den Vertrag anzuwendenden Rechts auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die in ihren Anwendungsbereich fallen.“ Vorliegen muss erstens eine Norm mit internationalem Geltungsanspruch, die zweitens eine überindividuelle Zielrichtung aufweist.

Die Vorschrift über Eingriffsnormen ist unter Einfluss der in Frankreich entwickelten Lehre von den ”unmittelbar anwendbaren Gesetzen“ (lois d'application immédiate) entstanden. Eingriffsnormen verbieten Schuldverhältnisse oder unterwerfen sie Genehmigungsvorbehalten.

Selbst Primärrecht, also die Verträge der EU wie der EUV oder AEUV, können Eingriffsnormen darstellen. Auf der anderen Seite setzt sich unmittelbar und vorrangig geltendes Unionsrecht wie das Primärrecht gegen die Rom I-VO auf supranationaler Ebene durch, wenn und soweit es die nationale oder die unionsrechtliche Kollisionsnorm überlagert. Beispielsweise kann jeder Vertrag - unabhängig von der lex causae - nach Art. 101 AEUV nichtig sein, wenn er eine kartellrechtswidrige Abrede zum Inhalt hat.

An dem Fakt, dass Primärrecht Rechtswahlvereinbarungen durchbricht, würde sich unter Geltung eines Europäischen Wirtschaftsgesetzbuch nichts ändern. Rechtsanwalt Daniel Parejo Ballesteros merkte an, dass es bei der Gestaltung des Europäischen Wirtschaftsgesetzbuches darauf ankomme, wie sich das EuWGB zum nationalen Recht, beziehungsweise internationalen Privatrecht verhalte. Entscheidet sich der Unionsgesetzgeber für eine Vorranglösung, die Art. 23 Rom I-VO entspräche, würden Eingriffsnormen keine Hemmnisse mehr darstellen, denn Art. 9 Rom-I-VO würde keine Anwendung mehr finden. Bei einer Vorschaltlösung dagegen, wie sie beispielsweise Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG enthält, würden Eingriffsnormen weiter Anwendung finden, da eine IPR-Prüfung stattfindet. Es bleibt festzuhalten, dass mit der Einführung eines Europäischen Wirtschaftsgesetzbuches durch den Ausschluss von handelsrechtlichen Eingriffsnormen mehr Rechtssicherheit für Unternehmen im europäischen Handelsverkehr geschaffen werden würde.

Professor Sixto Sánchez Lorenzo kommentierte das Fallbeispiel des Garrigues-Anwalts zu den Eingriffsnormen bei Verjährungsregeln im Kaufrecht. Die Lösung des Anwaltes, eine AGB zu kreieren, die alle Standards verschiedener Mitgliedstaaten erfüllt, wäre das Gegenteil von Sozialdumping. Denn der Anwalt würde die AGB nach dem Recht des Mitgliedstaaten mit dem höchsten Schutzniveau gestalten.

Mehr Schutzniveau bremst jedoch den innereuropäischen Handel. Das veranschaulicht das Beispiel von Mitgliedstaaten, die ein unangemessen hohes Schutzniveau im nationalen Recht verankern. Für den Fall von Anwalt Daniel Parejo Ballesteros verdeutlicht dies ein hypothetisches Beispiel: Würde der Mitgliedstaat M eine Verjährungsfrist - wenn er könnte - von 10 Jahren für bewegliche Kaufsachen festlegen, so müsste der Anwalt die 10-Jahresmarke in seine ”must have“-AGB aufnehmen, um einheitliche AGB für den Binnenmarkt zu gestalten. Ein Unternehmen würden dieses Risiko nicht eingehen. Das Unternehmen würde sodann jeweils AGB für den Verkauf in Mitgliedstaat M und AGB für den Verkauf in anderen Mitgliedstaaten festlegen. Die jetzige Rechtslage bedeutet daher höhere Rechtsberatungskosten für Unternehmen als bei einheitlicher Rechtslage im Binnenmarkt. Denn das Unternehmen muss sich juristische Berater suchen, die sich Überblick über die auf dem Binnenmarkt geltenden Normen verschaffen können. Dieser Rat ist typischerweise teuer.

Professor Jochen Dohrmann fragte aus dem Publikum, was die Anwälte von einer Klausel bezüglich des guten Glaubens, die im spanischen Recht nicht existiert, halten. Die Anwälte waren sich einig, dass damit weniger Rechtssicherheit verbunden wäre.

AGB im Entwurf zum Europäischen Wirtschaftsgesetzbuch der Association Henri Capitant

Anschließend begann Professor Albiez Dohrmann die Kommentierung der AGB-Regeln des Entwurfes zum Europäischen Wirtschaftsgesetzbuch der Association Henri Capitant als Kernstück der Konferenz.

Im Teil ”Geschäftliche Beziehungen zwischen Unternehmern“ im Buch ”Marktrecht“ regele der Entwurf das AGB-Recht. Der Text geht von der historischen Lex mercatoria aus. Diese bezeichnete das gemeinsame Recht der italienischen Städte, die vermeiden wollten, dass in den Städten unterschiedliche Rechtsnormen galten, die den Handel gehemmt hätten. Es handelte sich um soft law, das einheitliche Regeln vorsah. Professor Albiez Dohrmann erzählte, dass er am Tag des Votums der Bürger Großbritanniens über das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union an einer Konferenz in Münster teilgenommen hatte. Die Stimmung an jenem Tag sei auf Grund des politischen Erdbebens gedrückt gewesen. In diesem Moment habe man sich gefragt, warum die Europäische Union nach 65 Jahren Binnenmarkt immer noch ohne einheitliche Regeln zum Wirtschaftsrecht dastünde. Es brauche nicht ein Gesetzbuch für einen Teilbereich, sondern ein umfassendes Wirtschaftsgesetzbuch inklusive Regeln zu unlauteren Geschäftspraktiken.

Con salida del Reino Unido de la UE, ha surgido un nuevo movimiento, auspiciado por la Asociación Henri Capitant, que, a diferencia de los movimientos anteriores, propone ahora un Código Empresarial Europeo, llamado también Código Económico Europeo o Código Europeo de los Negocios, es decir, un código cuyo objetivo prioritario es la codificación, nunca mejor dicho, de reglas uniformes de determinadas relaciones comerciales en el mercado interior.

Im Unterschied zu Wirtschaftsrechtinitiativen wie dem Draft Common Frame of Reference schlage die Association Henri Capitant ein Wirtschaftsgesetzbuch vor, in Spanisch Código Empresarial Europeo. Dieses könnte man ebenso mit Código Económico Europeo oder Código Europeo de los Negocios übersetzen. Hauptziel ist die Kodifizierung von einheitlichen Regeln für B2B-Beziehungen.

Prof. Albiez Dohrmann hatte einen Teil des Entwurfstext des Europäischen Wirtschaftsgesetzbuches zum Thema Marktrecht gelesen. Der Professor aus Granada berichtete, dass er in Zusammenarbeit mit Professor Sixto Sánchez Lorenzo einige die AGB betreffenden Teile des Entwurfes des Wirtschaftsgesetzbuch aus dem Französischen ins Spanische übersetzt habe. Er rückte einige Grundentscheidungen des Entwurfes zum Wirtschaftsgesetzbuches in den Fokus.

Er lobte, dass das dem Entwurfstext zugrunde liegende AGB-Regelungsmodell ein Modell eigener Art sei, so wie auch OHADAC. Das im EuWGB-Entwurf formulierte Modell gleiche seiner Auffassung nach eher dem deutschen AGB-Recht-Modell als dem französischen Modell. Er kritisierte, dass es möglicherweise keine Transparenzklausel gem. Art. 124 des EuWGB-Entwurfes geben könnte.

In Bezug auf den Anwendungsbereich warf der Professor die Frage auf, ob starre Regeln wie die Zahl der Beschäftigten oder Jahresumsatzzahlen für die Definition des Unternehmers herangezogen werden könnten. Er halte fixe Zahlen für nicht praktikabel.

Für eine künftige spanische Übersetzung des Teiles ”Geschäftliche Beziehungen zwischen Unternehmern“ schlug er als Übersetzung des Wortes ”Unternehmer“ das Wort ”Empresarios“ statt des Wortes ”Professionales“ vor. Er bemerkte, dass bei der Übersetzung des französischen Entwurfstextes ins Spanische Hyperbeln beachtet werden müssten. So sei beispielweise der französische Tatbestand ”rupture brutale“ weniger martialisch als ”injustificada“ zu übersetzen.

Schließlich nahm er auf den Vortrag von Maria Pilar Viscasillas Bezug und äußerte die Erwartung, dass das EuWGB auch zur Frage der Kollision von AGB eine Regelung treffen solle.

Professor Sixto Sánchez Lorenzo merkte an, dass eine gemeinsame Arbeitssprache für die Arbeit am EuWGB essentiell zu sein scheint. Es bedürfe einer lingua franca. Latein? Nein. Englisch käme beispielweise in Betracht. Seines Wissens sei bei der Association Henri Capitant die Arbeitssprache beim Wirtschaftsgesetzbuch Französisch. Seiner Erfahrung nach sei es wichtig, dass bei einem Projekt nicht mehr als zwei Sprachen verwendet werden sollten, sonst leide die Qualität des Textes.

Abschließend richtete Anne-Charlotte Gros den Blick auf die Wachstumschancen von Unternehmen. Die Europäische Union biete europäischen Unternehmen, die international für ihre Innovationstalente bekannt sind, mannigfaltige Möglichkeiten. Da es innerhalb der EU jedoch 27 verschiedene Rechtsordnungen gebe, werde ihr innereuropäisches Wachstum ausgebremst. Die Direktorin der Kontinentalrechtsstiftung blickte auf den US-amerikanischen Markt. Dieser biete auf Grund des Uniform Commercial Code bessere Finanzierungs- und Niederlassungsmöglichkeiten für Unternehmen auf Grund eines festgelegten gemeinsamen Handelsrechts. Im Jahr 2021 gab es in den USA 291 ”Unicorns“, während es in der EU dagegen nur 72 gab. 10 Jahre nach ihrer Gründung beschäftigten Start-ups in den USA im Durchschnitt doppelt so viele Mitarbeiter wie Start-ups in Europa. Die EU müsse Start-ups dringend ein gemeinsames Regelwerk und Instrumentarium in Form eines europäischen Wirtschaftsgesetzbuches an die Hand geben, welches auf die erste Entwicklungsphase abgestimmt sei. Die EU müsse die Verständlichkeit des europäischen Wirtschaftsrechts und seine Attraktivität für Investoren verbessern.

Anne-Charlotte Gros entschuldigte den Präsidenten der Association Henri Capitant, Philippe Dupichot, Professor der Universität Paris Panthéon-Sorbonne und Matthias Lehmann, Professor der Universität Wien, denen die Teilnahme auf Grund kollidierender Termine leider nicht möglich war. Der Autor regte eine konsekutive Konferenz zum Wirtschaftsgesetzbuch in Madrid an. Vor dem Hintergrund der spanischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2023 ergibt sich eine hervorragende Möglichkeit für einen Austausch mit den geistigen Schöpfern des Europäischen Wirtschaftsgesetzbuches der Association Henri Capitant.

Die Konferenz schloss mit einem divers besetzten Panel. Neben der spanischen Professorin Natalia Mato Pacín der Universität Carlos III Madrid, dem deutschen Juristen Martin Burkert und Pilar Viscasillas erhielt der italienische Rechtsanwalt Antonio Biasi das Wort. Er sei Rechtsanwalt für Energie- und Vertragsrecht in Rom, komme aber aus der Region Neapel. Kleine mittelständische Unternehmen in dieser Regionen verstünden nicht, dass sie im europäischen Binnenmarkt eine Rolle in Europa spielen könnten. Er begrüße daher das Projekt des Europäischen Wirtschaftsgesetzbuches der Association Henri Capitant. Das Projekt könne dem Rechtsanwender das Recht einfacher zugänglich machen. Durch einheitliche Regeln würden Rechtsinformations- und Transaktionskosten wegfallen. Im Laufe der Konferenz seien unregulierte Bereiche wie Kryptowährungen genannt worden. Als Ausblick merkte Rechtsanwalt Biasi an, dass nicht regulierte Bereiche direkt in das neue EuWGB aufgenommen werden könnten.

Niklas Uder
Email: niklas.uder@wirtschaftsgesetzbuch.eu

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