Europäisches Wirtschaftsgesetzbuch und 28. Regelung für innovative Unternehmen
- 29/01/2025
- CodeEuropeenDesAffaires.eu
- 261
- Aucun commentaire
Ursula von der Leyen schlug vergangene Woche in Davos ein 28. Wirtschaftsrecht für innovative Unternehmen vor. Der Entwurf des Europäischen Wirtschaftsgesetzbuches betrifft dagegen alle Unternehmen, darunter und besonders KMU sowie innovative Start-ups, die Zugang zu Kapital im europäischen Binnenmarkt benötigen, um sich entwickeln zu können.
Es soll kein künstliches 28. Recht entstehen, das einer bestimmten Art von Unternehmen vorbehalten ist und das dazu dient, sich den bestehenden Regeln, einschließlich den steuerrechtlichen und arbeitsrechtlichen Regeln zu entziehen. Vielmehr soll das 28. Recht der Wegbereiter für ein konsolidiertes europäisches Wirtschaftsrecht sein. Es soll in den Bereichen, in denen dies möglich ist, die Grundlagen für jenes europäisches Wirtschaft schaffen. Das konsolidierte, strukturierte Wirtschaftsrecht wird zur Konvergenz und Öffnung der Märkte beitragen.
Der Rückgriff auf eine optionale Regelung für Unternehmen, den die Kommission erwägt, wird die Einführung neuer europäischer Rechtsinstrumente beschleunigen. Unternehmen benötigen die Gesellschaftsform “vereinfachte Europäische Gesellschaft”, europäische Sicherheiten (“europäische Garantie”, “europäische Bürgschaft”, “europäische Treuhand” usw.) und einen europäischen Darlehensvertrag (die “europäische Privatanleihe” und deren Emission). Die Rechtsinstrumente verstoßen auch nicht gegen den Kernbestand der nationalen Rechtsordnungen. Deren Fehlen hindert aktuell die Entstehung einer Kapitalmarktunion. Die Kommission hat die Einführung der neuen europäischen Rechtsinstrumente beschlossen.
Um rechtlich und politisch tragfähig zu sein, müssen sich die neuen europäischen Rechtsinstrumente in die nationalen Rechtssysteme einfügen. Bei der Einführung der Rechtsinstrumente sollte die generelle Gleichheit von Unternehmen Beachtung finden. Die Einführung der Rechtsinstrumente bringt das Risiko einer stärkeren Fragmentierung des Unionsrechts mit sich. Dieses Risiko kann nur aus dem Grund eingegangen werden, einen Rückstand bei der Innovation aufzuholen.
Auf jeden Fall darf man nicht den optionalen Charakter der 28. Regelung im Wirtschaftsrecht vergessen. Es darf kein anderes, außerhalb der nationalen Rechtsordnungen liegendes Recht entstehen. Dieses Recht sollte keine neuen Pflichten für Unternehmen schaffen, sondern es sollte eine Option, eine Chance bieten, die jedes Unternehmen nutzen kann oder auch nicht.
Das 28. Recht als Option muss grundsätzlich allen Unternehmen offenstehen. Denn diese können selbst beurteilen, ob es für sie von Interesse ist von den Rechtsinstrumenten zu profitieren. Man darf davon ausgehen, dass die KMU/ innovative Unternehmen die ersten Interessenten sein werden. Von Ausnahmen abgesehen darf es nicht Aufgabe der Regulierung werden, durch Schwellenwerte oder Förderkriterien das Interesse der Unternehmen an deren Stelle zu bewerten. Denn das Leben des Unternehmens ist beweglich: Die Unternehmenstätigkeit durchläuft Wachstums- und/oder Innovationszyklen. Es wäre kontraproduktiv, Unternehmen im Rahmen der Förderung mithilfe neuer Rechtsinstrumente in starre Schwellenwerte oder Kriterien zu pressen. Die 28. Option würde dann an Attraktivität einbüßen.
Insgesamt ist der von der Kommission vorgeschlagene Entwurf einer 28. Regelung für innovative Unternehmen oder Unternehmen einer bestimmten Größe ein Fortschritt. Das 28. Recht ist der erste Schritt einer europäischen Konsolidierung des Wirtschaftsrechts. Der Fortschritt darf jedoch nicht über die Notwendigkeit hinwegtäuschen, rasch ein europäisches Wirtschaftsgesetzbuch einzuführen, das allen Unternehmen in der EU offensteht. Nur ein konsolidiertes europäisches Wirtschaftsrecht kommt direkt den KMU und allen europäischen Start-ups zugute und ebnet den Weg für die von Enrico Letta und Mario Draghi geforderte Spar- und Investitionsunion.